Ein Aufruf zu gegenseitiger Toleranz und Rücksichtnahme.

Eine Wohnanlage mit großem Hinterhof und Kinderspielplatz. Ein bunter Spielbus mittendrin. Etwa 80 Kinder tummeln sich an verschiedenen Spielstationen: hier werden wild bewegte Fang- und Laufspiele angeleitet, dort stellen Kinder in einer Werkstatt kleine Spielgeräte zum Sofortspielen her, und überall sind Kinder als Spielforscherinnen und -forscher unterwegs. Es geht mehr als lebhaft zu, lautes Rufen und Lachen begleitet die Spiele, und es sind wesentlich mehr Kinder in dem Hof als an vielen anderen Tagen im Jahr ohne betreutes Spielangebot. Und doch bemerkt eine Anwohnerin erstaunt: „Das hätte ich nie gedacht, aber heute geht es hier viel ruhiger zu als sonst.“ Woran liegt das? Vielleicht daran, dass heute niemand streitet und schimpft?

Kinderlärm – der Lärm, der von spielenden Kindern ausgeht – ist einer der häufigsten Anlässe für gerichtliche Klagen: unter Berufung auf das Bundesimmisionsschutzgesetz werden Kita-Schließungen erreicht, eingeschränkte Öffnungszeiten von Schulhöfen, Spielplätzen und Bolzplätzen oder etwa ein Verbot für spielende Kinder auf Hinterhöfen durchgesetzt.
Aber auch wo nicht geklagt wird, werden Kinder und Jugendliche viel zu oft von Erwachsenen, die sich dazu im Recht glauben, mit (Spiel)Verboten belegt und vertrieben.

Andererseits zeigen Umfrageergebnisse, dass es sich bei diesen Erwachsenen um eine (allerdings lautstarke) Minderheit handelt: Nur jeder fünfte Deutsche befürwortet eine Beschränkung von Spielzeiten in den Außengeländen der Kitas (vgl. EARSandEYES 2009) Lediglich drei Prozent sind dafür, Kitas mit hohen Lärmschutzmauern aus Beton einzuzäunen. Rund zwei Drittel lehnen gesonderte Vorschriften für Kitas in Wohngebieten gänzlich ab.

Diese Mehrheit darf keine schweigende Mehrheit bleiben und sich von den egoistisch geprägten Interessen Einzelner bestimmen lassen, sondern ist aufgefordert, Kinder und Jugendliche aktiv in ihren Interessen zu unterstützen! Ganz abgesehen davon, dass die Rechtsverordnungen zum Thema Kinderlärm noch immer optimierbar sind, muss das gemeinsame Ziel gegenseitige Rücksichtnahme und Achtung der Rechte aller sein.
Beispielhaft voran gehen hier zum Beispiel Wohnungsbaugesellschaften wie die GWG in München. In ihrer kinderfreundlichen Hausordnung ist eindeutig festgeschrieben: „Kinderlärm ist ein kindliches Ausdrucksmittel, das zum täglichen Leben gehört. Wenn Kinder Lärm machen, ist das keinesfalls ein Abmahnungs- oder Kündigungsgrund.“
Auch Spielmobile, die bundesweit als Lobby für Kinderspiel im öffentlichen Raum und in Wohnanlagen unterwegs sind,, greifen die Wünsche und Anliegen von Kindern und Jugendlichen auf und bieten Lösungen für festgefahrene Konflikten an. Daneben können Kinder- und Jugendbüros, Mieterbeiräte, Stadtteilarbeiterinnen/-arbeiter oder Mediatorinnen/Mediatoren Partner für Eltern, Vereine und Kommunen sein, um bereits im Vorfeld den möglichen Streitigkeiten um das lautstarke Spiel im Wohnumfeld entgegen zu wirken.

Die erstaunte Dame aus der eingangs geschilderten Spielsituation war im Übrigen zunächst sehr dagegen gewesen, dass überhaupt eine Spielaktion in ihrer Wohnanlage stattfindet. Sie hatte eine Zunahme des Lärms erwartet und war nun erstaunt, dass der meiste Lärm gar nicht durch das Spielen der Kinder entstanden war, sondern erst durch den Streit darüber, wer wo spielen darf. Am Tag der Spielaktion war dagegen Platz für alle, der Lärm war – nach Dezibel gemessen – womöglich wie immer, aber er war fröhlich und gemeinsam. Für die Dame mit ein Anlass, das nächste Mal nicht einfach weg zu sehen, wenn Kinder vertrieben werden, sondern sich mit ihnen für sie einzusetzen, und das auch gerne lautstark.

Janine Lennert
Bundesarbeitsgemeinschaft der mobilen spielkulturellen Projekte
www.spielmobile.de
 

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