Der Begriff „Kultur“ wird häufig als schwer greifbar und eher schwammig wahrgenommen, was u.a. daran liegt, dass ihm immer wieder unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben werden. Unterschieden wird grob zwischen einem weiten und einem engen Kulturbegriff.
Kultur
Im Gegensatz zum engen Kulturbegriff, der sich überwiegend auf die künstlerischen und intellektuellen Ausdrucksformen wie Literatur, Theater oder bildende Künste bezieht und daher im Sprachgebrauch als „Hochkultur“ bezeichnet wird, versteht der weite Kulturbegriff Kultur als die gesamte Lebensweise einer Gesellschaft und damit auch ihre sozialen Praktiken, Normen, Werte, Sprache, Rituale und alltägliche Handlungen.
In diesem Sinne geht der weite Kulturbegriff über die klassischen Kunstformen hinaus und schließt alle Aspekte des menschlichen Zusammenlebens ein, die die Identität einer Gemeinschaft oder Gesellschaft prägen. Kultur wird als dynamisch und wandelbar angesehen, wobei sie durch kontinuierlichen Austausch, Kommunikation und soziale Interaktion ständig neu gestaltet wird.
Dieser weite Kulturbegriff betont die Vielfalt der Ausdrucksformen menschlichen Lebens und das Zusammenspiel von materiellen und immateriellen Elementen, die das kollektive Bewusstsein und die Lebensweise einer Gesellschaft formen. Kultur umfasst somit alle Bereiche des sozialen Lebens, von der Art, wie Menschen sich kleiden und ernähren, bis hin zu den politischen Systemen, religiösen Überzeugungen und der Art und Weise, wie sie miteinander kommunizieren und Beziehungen gestalten.
Der Mensch ist ein Kulturwesen, der kontinuierlich kulturelle Praktiken schafft, ausübt und weitergibt und damit seine Umwelt interpretiert und gestaltet. Hier wird deutlich, wie bedeutsam das Recht auf Kultur für Kinder ist. Kultur ist ein genuiner Bestandteil menschlicher Existenz und das Bedürfnis, sich auf unterschiedliche Weise auszudrücken, ist in jedem Menschen angelegt.
Spiel
Ähnlich verhält es sich mit dem Spiel. Der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er spielt, sagte schon Friedrich Schiller. Wir spielen alle. Allein schon, indem wir Gedanken durchspielen, die besten Lösungswege suchen und verschiedene Möglichkeiten ausprobieren. Kinder tun dies umso mehr, weil ihre Vorstellungskraft noch weniger gut entwickelt ist und sie daher alles praktisch ausprobieren müssen.
„Ohne das Spiel gäbe es keine Schönheit.“ postuliert der Neurobiologe Gerald Hüther und hier wird die Verbindung zwischen Spiel und Kultur ganz deutlich:
„Maler spielen mit ihren Farben, Musiker spielen ihre Instrumente, Dichter spielen mit Worten, Tänzer mit Schritten und Bildhauer mit Ton und Marmor. Bei Lichte besehen sind alle Künste große Spielarrangements, mit denen wir spielerisch unsere Welt so einrichten, dass wir uns in ihr zu Hause fühlen, sie bejahen und gutheißen können, ja glücklich sind.“ (Hüther/Quarch, 2016: Rettet das Spiel! Weil Leben mehr als Funktionieren ist)
Kulturelle Bildung
Im Rahmen von kulturellen Bildungsangeboten durchlaufen junge Menschen einen Prozess der Selbstbildung, indem sie sich mit kulturellen Ausdrucksformen beschäftigen und darüber eigene Positionen finden und ihre Perspektiven ausdrücken.
Auch die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) macht auf die Verbindung von Spiel und Kultureller Bildung aufmerksam:
„Angebote der Kulturellen Bildung haben einen spielerischen Charakter. Es geht darum, freiwillig und gemeinsam mit anderen etwas zu tun, das uns Spaß und Freude bereitet, worauf wir neugierig sind, was uns fasziniert oder was uns stark beschäftigt.“
Kulturelle Bildung unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern. Sie entdecken Talente und Fähigkeiten und finden spielerisch ihre eigene Haltung zu bestimmen Sachverhalten. Weiterführende Inhalte zu Kultureller Bildung können hier nachgelesen werden.
Kinder schaffen sich ihren Zugang zur Welt über ihre Sinne. Sie wollen entdecken, wie Dinge sich anfühlen, wie sie Geräusche erzeugen, Dinge verändern und gestalten können.
Dabei ist der Übergang zwischen Spiel und künstlerischem Ausdruck fließend.
Der Brokkoli muss angefasst und zerdrückt werden, um zu wissen, wie er sich anfühlt. Auf den Topf muss mit einem Löffel geschlagen werden, um herauszufinden, welche Töne und Lautstärken erzeugt werden können. Die quietschpinke Hose mit gelben Punkten muss mit dem blau-grün gestreiften Pullover getragen werden, einfach weil es so schön bunt ist.
Aus dem Spiel mit Sand und Wasser wird eine gestaltbare Masse – aus Matsch werden Burgen und ganze Landschaften – aus Spiel wird plastisches Gestalten, wird künstlerischer Ausdruck. Die Erfahrung, selbst die Welt zu gestalten und spielerisch verändern zu können fördert das Gefühl der Selbstwirksamkeit – das Gefühl, selbst etwas in der Welt bewegen zu können. Kinder brauchen Raum, die freies Spiel und ästhetische Erfahrungen selbstverständlich einbezieht.
Spiel und Kultur sind demnach sehr eng miteinander verwoben. Sie lassen sich nicht unabhängig voneinander denken und sind in uns Menschen angelegt. Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention macht diesen Umstand deutlich und stärkt das Recht aller Kinder auf Spiel und kulturelle Teilhabe.